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Newtownabbey 2003 - Der ausführliche Reisebericht
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Donnerstag: 14. August 2003
Um 11.35 Uhr hatten sich an der Martin Luther Kirche in Holsterhausen schon viele Leute versammelt, und es kamen immer mehr dazu. Es fehlte eigentlich nur noch der Bus. Ein Kleinbus voller nordirischer Waren aus dem Antenna Shop stand zum Umladen bereit. Ich würde sagen, wir transportierten schließlich 2/3 Reisegepäck und 1/3 Antenna Shop, darunter jede Menge Trinkwasser aus Nordirland! Für den für St. Bernard's bestimmten Leuchter fand sich auch noch ein Plätzchen. Nach nur 30 Minuten hatte unser Fahrer Mark alles verladen.
Vor der Abfahrt stellten wir uns noch zum Gruppenfoto auf - die Aufnahmen waren in wenigen Minuten im Kasten, so dass wir um 12.15 Uhr starten konnten. Unsere erste Pause in Kesteren sollte nur 15 Minuten lang sein, tatsächlich war sie 10 Minuten länger und diese 10 Minuten addierten wir fortan zu jeder Pause hinzu. Christa, unsere fleißige Stewardess, kochte superstarken Kaffee - nicht mit Absicht - nein, die Kaffeemaschine verabschiedete sich, als die Kanne halbvoll war. Auch das Getriebe machte sich in regelmäßigen Abständen mit einem Geräusch bemerkbar, welches offenbar nicht Mark, aber uns durch Mark und Bein ging. Damit war sichergestellt, dass niemand die schöne Reise verschlafen würde.
Um 15.35 Uhr erreichten wir den Hafen - Europoort Rotterdam - unsere Fähre, die "Pride of Rotterdam", wirkte mit ihrer breiten Vorderfront echt gigantisch. Ein paar Buchungsprobleme wurden irgendwie gelöst, pünktlich um 17.00 Uhr gingen wir an Bord. Zunächst strömten sicherlich alle in ihre Kabinen, um erstens diese merkwürdigen Schlüssel auszuprobieren und auch, um das Gepäck loszuwerden. Das hätte bei der Schiffserkundung bloß gestört. Aber wo waren die Betten? Unter der Couch und unter der Decke wurden wir fündig! Für mich gab es in den drei Läden fast nichts, was ich brauchen konnte - die 2 Foto-Batterien, die ich in der Hand hatte, hätte ich aber mitnehmen sollen! Nach dem reichhaltigen Abendessen erlebten wir einen Sonnenuntergang, wie er auf dem "Traumschiff" auch nicht schöner hätte sein können.
Freitag: 15. August 2003
Bei Sonnenaufgang fuhren wir in das Delta des Humber. Am Frühstücksbüffet konnte oder musste man sich von seiner Diät verabschieden - während der nächsten 10 Tage sollten nicht nur die Uhren anders gehen. Um 8.15 Uhr setzte sich der Bus in Bewegung; wir hatten etliche Meilen vor uns und nicht all zu viel Zeit. Wir fuhren zunächst nach Norden bis Newcastle upon Tyne und ab dort nach Westen - mehr oder weniger dicht an Hadrian's Wall entlang. Diesen Wall hatten die Römer als Nordgrenze ihres riesigen Reiches angelegt, obwohl sie von den Schotten niemals angegriffen worden waren.
Um 12.30 Uhr begann unsere Mittagspause an einer besonders schönen Stelle, "Cawfields" genannt. Die Reste der römischen Bauten machen hier deutlich, wie die Römer einst auch das natürliche Gelände in den Bau ihrer Grenzbefestigung mit einbezogen. Wir ließen uns die heißen Würstchen schmecken und erkundeten die Gegend - alles in 40 Minuten! Nach dieser Pause erhielt ich übrigens den Auftrag diesen Bericht zu schreiben, denn "die, die das sonst immer tat, hat keinen Stift dabei". Um 14.00 Uhr erreichten wir Schottland, irgendwo bei Gretna. 20 Minuten später die A75 - die letzten 100 Meilen und ein Wettlauf gegen die Zeit lagen vor uns. Dann waren wir aber doch schneller in Cairnryan als erwartet.
Pünktlich um 17.30 Uhr legte der Superstar Express ab. Bei voller Fahrt konnte man sich draußen gar nicht aufhalten. Nach weniger als einer Stunde lag Larne vor uns: Robert, Ray und Vera erwarteten uns schon. Um 19.15 Uhr wurden wir schließlich von allen Gastgebern in den Ballyclare Presbyterian Church Halls aufs herzlichste willkommen geheißen. Wie heißt es so schön? Liebe geht durch den Magen! Unser erstes irisches Dinner war mit viel Liebe bereitet. Es war bestimmt gleichermaßen spannend neue Leute kennen zu lernen, wie auch "alte", junggebliebene Bekannte wieder zu sehen. Ohne Supper kamen wir nie ins Bett: Es gab Scones, Apple Tart, Kekse und natürlich Tee als Nachtmahl.
Samstag: 16. August 2003
Nach dem Frühstück und bei schönstem Wetter spazierten mein Vater und ich durchs Städtchen. Auf die gleiche Idee waren auch Christine und Margret mit ihren Gästen gekommen: wir trafen uns im Sixmilewater River Park. Um 14.30 Uhr erwarteten uns Archie von der historischen Gesellschaft und Elizabeth als Übersetzerin zum Stadtrundgang, der am Sixmile Leisure Centre begann. Moderne Architektur gleich neben einer Motte - einer Burg mit Wall und Graben, wie sie von den Normannen im 12. Jahrhundert zwischen Carrickfergus und Antrim im Ollar Tal ringförmig angelegt wurden. Sie dienten dem Schutz der Bevölkerung. So ähnlich müssen übrigens die Anfänge der Stadt Dorsten auch ausgesehen haben.
Ich widme dem interessanten Rundgang etwas mehr Raum und nehme mir die Freiheit einige Vergleiche mit der Dorstener Geschichte anzustellen. Der Fluss Ollar fließt 6 normannische Meilen von der Hauptburg Carrickfergus entfernt, und so gaben die Herrscher ihm den Namen Sixmilewater. Ich gewann den Eindruck, dass den Historikern der ursprüngliche Name Ollar viel besser gefällt. In der nächsten Sehenswürdigkeit "Ollar Lodge" wohnten Ruth und Walter! Hinter der schönen Fassade befand sich einst das Gericht, vom angrenzenden Gefängnis blieb nur eine Mauer erhalten. Ballynure und Doagh sind heute ganz kleine Orte, deren Einfluss jedoch in vergangenen Zeiten bis an den Fluss Ollar reichte - während Ballyclare selbst ein sehr unbedeutender Ort blieb, bis er das Marktrecht erhielt.
Zunächst aber lernten wir McIlroy kennen, einen Heimatdichter, der vor allem in Kanada viel gelesen wurde. Nur wenigen Lesern war bekannt, dass seine Geschichten und Charaktere nicht erfunden waren, sondern sich in Ballyclare und Umgebung tatsächlich abgespielt hatten. Stolz berichtete unser Guide von den fotografischen Platten, die er vor 2 Jahren angeboten bekam, bei denen es sich vermutlich um die lange verschollenen Aufnahmen McIlroys handelt, mit denen er seine Vorträge illustrierte. Die ältesten Fotos sollen aus den 1880er Jahren stammen und wären somit die ältesten fotografischen Zeugnisse in der Geschichte des Ortes: ein wahrer Schatz!
Für Güter aller Art gab es während des zweiten Weltkrieges auch in Nordirland Bezugsscheine, die nach Gebrauch in der örtlichen Papierfabrik recycelt werden sollten. Wen wundert es, dass in Ballyclare solche Bezugsscheine niemals knapp wurden! Diese Papierfabrik brauchte für ihre Produktion sauberes Wasser, weiter oberhalb wurde aber überschüssige Textilfarbe in den Fluss eingeleitet. Was tun, wenn man noch keine Filter erfunden hat? Man teilte den Fluss - eine Hälfte führte klares Wasser, das Wasser auf der anderen Seite soll mitunter recht bunt gewesen sein. Eine Kleinbahn transportierte einst Rohstoffe und Produkte zwischen Larne und der Papierfabrik - die historische Gesellschaft bemüht sich sehr diese Trasse als Wanderweg zu erhalten. Bisher jedoch stieß er bei den verantwortlichen Ratsherren leider auf taube Ohren.
Eine der wahren Geschichten McIllroys ereignete sich vor 200 Jahren in der Nähe von Ollar View. Ein junges Mädchen wurde von 4 Männern überfallen und getötet. Die Täter wurden gefasst und es stellte sich heraus, dass einer von ihnen der Sohn des Richters war, der ihn lebenslang nach Australien verbannte. In Dorsten lebte Franz Wahmann, der Menschenfresser, der 1699 vor Gericht zugab, dass der Richter, der ihn zum Tode durch Folter verurteilte, bereits auf seinem Speiseplan stand. Als Ballyclare Marktflecken wurde, kamen die Händler zum heutigen Rathausplatz - The Square. Das erste Geschoss der Town Hall diente früher als Stadtwaage. Später wurde die zweite Etage als Versammlungsraum erbaut, der Rat der Stadt nutzte das Gebäude bis zum Umzug nach Mossley Mill als Rathaus. Erstaunlich, aber die Geschichte des Platzes mit der Town Hall ähnelt der des Dorstener Marktplatzes und dem Alten Rathaus doch sehr!
Mayfair - die Kirmes im Mai - ist ein traditionelles Volksfest, welches auf einen traditionsreichen Pferdemarkt zurückgeht. Die preußische Regierung habe hier gern Pferde für ihre Kavallerie gekauft. Mayfair war aber auch ein Arbeitskräftemarkt. Leider waren die Verträge ziemlich ungerecht. Die Arbeiter mussten ganze 6 Monate arbeiten, bevor sie entlohnt wurden. Bei schweren Konflikten guckten sie ganz schön in die Röhre. Nach zwei Stunden kehrten wir zur Kirche zurück, um von dort in den südlichen Stadtteil Glengormley, zu fahren, der an den Norden Belfasts grenzt.
Die katholische St. Bernard's Kirche wurde vor 2 Jahren durch Feuer zerstört, die Einweihung des Neubaus verzögerte sich in diesem Jahr immer wieder - als wir an der Baustelle vorfuhren, war mir klar warum. Der Gemeindepriester strahlte die ganze Zeit; er strahlte auch Zuversicht aus. Wolfgang und Jürgen schleppten den von einem Holsterhausener Handwerksmeister gestalteten Leuchter herbei, der in der Kirche ausgepackt wurde. Die ganze Aktion wurde natürlich detailliert auf zahlreichen Bildern festgehalten. Wir alle waren beeindruckt "von der Schönheit dieser Rundkirche". Wie einige Kirchenneubauten auf der Insel übernimmt sie den Grundriss eines keltischen "Rath" - eines bewehrten, kreisrunden Clansitzes aus alter Zeit. (WAZ 2.9.03) "Rath" bedeutet sicherer Platz, was die Kirche und die Gemeinschaft der Gläubigen ja sein soll.
Was heißt nun aber Leuchter auf englisch, muss der Holsterhausener Pastor sich gefragt haben, bevor er im Wörterbuch nachsah: Da stand chandelier. Das hörte sich gut an - sorgte dann aber für einigen Wirbel, denn sowohl Priester als auch Gemeinde fragten sich, wohin man in dieser modernen Kirche wohl einen Kronleuchter hängen sollte. Mit Erleichterung wurde das Missverständnis geklärt und niemand wird je vergessen, dass unser Geschenk ein candlestick war. Mossley Mill leuchtete im Abendlicht als wir dort vorfuhren, um den Antenna Shop auszuladen. Es gibt natürlich Bilddokumente darüber, dass alle mit anpackten!
Nach 19.30 Uhr trafen wir uns alle auf dem Parkplatz hinter der Allen Hall zum BBQ. Noch wärmte die Sonne angenehm, kaum war sie aber untergangen, bibberten einige miteinander um die Wette. Die Gefahr sich zu erkälten war groß. Eine Band - Vater und drei Söhne - spielten traditionelle irische Volksweisen auf traditionellen Instrumenten wie Bodhran, Pipes, Tinwhistle, Mandoline, Banjo, Gitarre und Fiddle. Singen könne leider keiner in der Familie, bemerkte der Vater, was für einige im Publikum gewissermaßen die Aufforderung war diesen Part zu übernehmen - der Abend entwickelte sich zum stimmungsvollen Wunschkonzert!
Sonntag: 17. August 2003
Der Gottesdienst begann um 11.30 Uhr. Joan saß in der Bank vor mir und war mächtig stolz: sie hatte Prinz William zum 21. Geburtstag eine Karte geschickt und eine Antwort aus dem Palast erhalten. Jeder wurde im Gottesdienst und von der Predigt sicherlich auf eigene Art angesprochen. In der Halle wurden anschließend die Sandwiches ausgepackt und fertig war das gemeinsame Mittagessen! Temperatursturz und Reisestress ließen meinen Vater zittern - er bekam leckere, wirksame Medizin und Ruhe verordnet, während unsere Gastgeber James & Mary und ich die kleinen Orte rund um Ballyclare besuchten: Sehenswürdigkeiten wie den Holestone, weitere normannische Schutzburgen, alte Kirchen und Friedhöfe mit interessanten Grabinschriften gehörten ebenso dazu wie all die landschaftlichen Schönheiten und das satte Grün rundherum.
Überall begegneten wir den Resten der einst blühenden Textilindustrie. Die Geschichte des Holestone möchte ich doch gerne noch kurz erzählen: Der "Lochstein" ist einer der wenigen frei stehenden Steine Irlands, 1,50m hoch, mit einem Loch von 10 cm Durchmesser. Es ist unbekannt, wie das Loch entstand, einige Archäologen vermuten, dass der Stein bereits in der Bronzezeit bearbeitet wurde. Zahlreiche Mythen ranken sich um solche Steine, nachweisbare wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es kaum. Gibt es aber die geheimnisvollen, von Druiden verliehenen Kräfte, die verliebte Paare in ewiger Liebe miteinander verbinden? Seit vielen hundert Jahren werden Paare von diesem Liebesstein angezogen. Ein Ritual löst den Zauber: Die Frau ergreift durch das Loch die Hand ihres Partners während beide sich die ewige Liebe versprechen. Dieser Zauber kann danach nie wieder gelöst werden. Man kann auch keinen Fehler machen, denn nur eine Frauenhand passt durch das kleine Loch.
Montag: 18. August 2003
Der Patient war wieder fit - die Gruppe war pünktlich. Der Ausflug nach Donegal begann mit einem Geburtstagsständchen für Trevor, der diesen Tag zusammen mit seiner Frau Deborah für uns geplant hatte. Jeden Morgen las Pastor R. aus den Losungen - der Wochenspruch aus Lukas 12,48b begleitete uns: Denn von jedem, dem viel gegeben ist, wird man viel erwarten; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man um so mehr fordern. Via Sperrin Mountains fuhren wir nach Nordwesten bis Londonderry, nach 1 Stunde und 40 Minuten überfuhren die Grenze zur Republik Irland, die Jagd auf irische Euromünzen konnte beginnen.
Wenig später machten wir eine Kaffeepause bei Grianán Ailigh. Eine im traditionellen Stil erbaute Kirche war zu klein geworden und diente als Restaurant, Nebengebäude als Dokumentations- und Informationszentrum. Unweit eine moderne kreisrunde Kirche nach dem Vorbild eines Rath. Und hoch oben auf dem Berg eine ca. 2000 Jahre alte Schutzburg mit einer herrlichen Aussicht über die Loughs Foyle und Swilly, die Insel Inch Island und weit in die Grafschaften Donegal, Derry und Tyrone hinein. Das Fort wurde auf einem prähistorischen Tumulus erbaut, die Mauern sind 4,50m dick. Die Heideblüte gab der Landschaft eine ganz besonders zarte Färbung.
Letterkenny gilt als der am schnellsten wachsende Ort Westeuropas. Sah Donegal vor nur 16 Jahren noch völlig verlassen und vergessen aus, so scheint es wahrhaftig die Boom-Region im Westen zu sein. Im Glenveagh National Park regnete es und wir picknickten im Bus. Nach dem Schauer fuhren wir mit einem Shuttle Bus zum Schloss. In zwei Gruppen wurden wir durch das Haus geführt - es schien zunächst, als wollte unsere Führerin es sich besonders leicht machen. Sie drückte mir den deutschen Text in die Hand, den ich dann in den jeweiligen Räumen vorlesen sollte. Ihr wäre dann das Öffnen der Türen geblieben. Unsere Gastgeber wollten aber auch etwas erfahren und so wurde daraus eine zweisprachige Führung und dauerte zwangsläufig etwas länger. Wir erfuhren viel über die verschiedenen Besitzer der Burg und auch über ihre Gäste, die sich offenbar in der Abgeschiedenheit dieses Tales sehr wohl fühlten. Ins Gästebuch hatten sich u.a. Greta Garbo, Pulitzer und Grace Kelly eingetragen! Die Blumen in den Gärten trugen schwer an den Regentropfen, manche Blüte wirkte aber gerade deshalb besonders reizvoll.
Hochmoore, holprige Straßen - für kurze Zeit fuhren wir durch eine fast unberührte Landschaft. Dadurch ergaben sich aber auch heftige Turbulenzen bei der Kaffeeausgabe. Bei der Fahrt über den Atlantic Drive benutzten wir Straßen, die in keiner verfügbaren Karte verzeichnet waren, mit tollen Blicken auf die einzigartige irische Atlantikküste. In Downings hätten wir am Strand baden können, aber niemand war bei den Temperaturen und dem starken Wind wirklich dazu bereit. Im Souvenirshop ließ es sich schon eher aushalten. In der Ferne, vor der rauen Küste liegt Tory, ein 3 Quadratmeilen großes, seit 4000 Jahren bewohntes Eiland mit eigenem König. Im Milford Inn Hotel, 20 km vor Letterkenny erwartete uns dann ein festliches Menü. Wir blieben fast 3 Stunden und kamen entsprechend spät, nämlich erst um Mitternacht in Ballyclare an.
Dienstag: 19. August 2003
Um 9.30 Uhr saßen wir im Bus nach Belfast. Die Hauptstadt Nordirlands hat 500000 Einwohner, darunter 20000 Studenten. Wir sahen die wichtigsten Gebäude während der kurzen Stadtrundfahrt: die City Hall, Albert Clock, die berühmte Crown Bar und das Opernhaus. Über die Antrim Road, einst Hauptverkehrsader und Straße, an der die Reichen und Vornehmen wohnten, fuhren wir auf Napoleons Nose zu. Diese Felsstruktur am Cave Hill soll Jonathan Swift zu Gullivers Reisen inspiriert haben. Belfast Castle, erst in jüngerer Zeit neu möbliert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, ist kein Museum, sondern eher eine Begegnungsstätte. Größere Festlichkeiten aller Art können hier ausgerichtet werden. An diesem Dienstag erwartete man eine große Hochzeitsgesellschaft.
Nach der Besichtigung von Haus und Gärten wurden wir zum Mittagessen von den fleißigen Damen der presbyterianischen Gemeinde an der May Street erwartet. Anschließend galt es das Zentrum von Belfast zu entdecken oder neu zu entdecken, denn die Stadt hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Der Fisch am Lagan Weir scheint gleichfalls auch das Stadtarchiv zu sein. Als Skulptur war er ganz witzig, und auch die einzelnen stadtgeschichtlichen Darstellungen, die ihn zieren, waren sehr interessant. Wir hatten Zeit und Gelegenheit unsere Beine auszustrecken, während Mark das Kunststück fertig bringen musste, einen Parkplatz für den Bus zu finden. Vom Fluss Lagan aus sahen wir Belfast noch einmal aus einer völlig anderen Perspektive.
Um 19.00 Uhr begann der festliche Empfang durch den Bürgermeister im Rathaus von Mossley Mill, einer vor wenigen Jahren preiswürdig umgestalteten Textilfabrik aus Nordirlands industrieller Gründerzeit (WAZ 2.9.03). Der Empfang begann mit Saft, Small Talk und Pressefotos. Plötzlich und unerwartet verabschiedeten sich meine Kamerabatterien- zwei kleine Ersatzkameras retteten jedoch meine "Bilder-Reportage". Die Feier ging recht locker weiter und war keinesfalls so steif, wie befürchtet. Das Dinner begann mit einer kurzen Ansprache des Mayors und einer Rede des deutschen Honorarkonsuls, der leider nicht lange bleiben konnte. Höhepunkt des Menüs war sicherlich der "geschnitzte" Kuchen, der nach dem Dessert gereicht wurde! Mit der Übersetzung der Rede des Bürgermeisters war die arme Elizabeth völlig überfordert.
Beide Gemeindepfarrer betonten in ihren Ansprachen die Besonderheiten der gewachsenen Freundschaften und die Bedeutsamkeit der Städtepartnerschaft. Ein Stadtrat erfreute alle Anwesenden zum Abschluss mit einem Gesangsvortrag. Andere Stadträte boten eine Führung durch den Sitzungssaal und durch den Aufenthaltsraum an, in dem auch die Geschenke aus Dorsten ihren würdigen Platz fanden. Nebenan ein großer Festsaal mit der Tafel, die von Prinz Charles zur Wiedereröffnung der Mossley Mill am 13. Juni 2001 persönlich enthüllt wurde. Die Bürgermeister werden jährlich neu gewählt - entsprechend umfangreich ist die Fotogalerie der Damen und Herren in ihren roten Roben.
Mittwoch: 20. August 2003
Über Larne und die berühmte Antrim Coast Road fuhren wir nach Norden - rechts das Meer und der felsige Strand und ganz weit draußen die Küste Schottlands. Links die kleinen Küstenorte und die Täler von Antrim. Blühende Fuchsienhecken leuchteten blutrot. Eigentlich hatten wir für Fotostopps keine Zeit, aber der Regenbogen über Glenariff musste einfach auf Zelluloid gebannt werden, und selbstverständlich auch auf den einen oder anderen Speicherchip. Dort wo die Coast Road für einen Reisebus unbefahrbar wurde, bogen wir ins Landesinnere ab und sahen viel Heide, Hochmoore und den verschwundenen See, der tatsächlich nicht da war. Warum der See sich bildet und dann ganz plötzlich wieder verschwindet, ist nach wie vor ein Rätsel.
Corrymeela, der Hügel der Harmonie, wurde 1965 als ökumenisches Versöhnungszentrum gegründet. Schwerpunkte der ökumenischen Arbeit sind heute Begegnung, Opferhilfe und die Multiplikatorenarbeit in Schulen, mit Jugendgruppen und verschiedenen Kirchen. Sie hat das Ziel sowohl kulturelle als auch religiöse Unterschiede überwinden zu helfen, denn die waren die Hauptursachen für die politischen Unruhen in Nordirland. Die Gemeinschaft hat 200 Mitglieder. Im Zentrum selbst arbeiten 40 Mitarbeiter, die jährlich etwa 7000 Übernachtungsgäste und eine Vielzahl von Tagesgästen betreuen. Zu etwa einem Viertel seien es internationale Gruppen z. B. aus Bosnien, Palästina, Israel und Südafrika. Versöhnungsarbeit sei niemals erledigt.
Das Herz Corrymeelas ist "The Cree" eine kleine Kapelle der Begegnung. Das Symbol für Versöhnung ist das Cross of Nails, welches an vielen Orten an denen Versöhnungsarbeit geleistet wird zu finden ist, aber auch in Kirchen, die im Krieg zerstört und wieder aufgebaut wurden. Nachdem die deutsche Luftwaffe 1940 die große Kathedrale der mittelenglischen Industriestadt Coventry zerstört hatte, fand man auf den Trümmern Dachnägel, die in der Form eines Kreuzes zusammenlagen. Die Menschen von Coventry wollten keine Rache, sondern Versöhnung und dieses Kreuz gilt fortan als Symbol dafür. Auch im Dom von Münster ist es zu finden.
Wir fuhren geradewegs nach Bushmills, zur ältesten lizenzierten Whiskey Brennerei (1608) der Welt. Tatsächlich handelt es sich um eine hochmoderne Produktionsanlage. Um die flüchtigen Alkoholdämpfe besser ertragen zu können, gab es den Lunch vor der Besichtigung. Schon im 13. Jahrhundert wird erwähnt, dass "Uisce Beatha" - das Wasser des Lebens in der Umgebung von Bushmills hergestellt wird. Unter Verwendung der besten, natürlichen Rohmaterialien - Gerste, Malz, Hefe und purem, klarem Wasser - entsteht der Whiskey. Malz ist das Produkt gekeimter und gedarrter Gerste. Grob geschrotetes Malz wird in heißem Wasser gemaischt, in einem biologischen Prozess entsteht Würze, die im Gärungskessel unter Zusatz von Hefe gegoren wird. Die gegorene Maische wird in riesigen Kupferkesseln dreifach gebrannt und destilliert. In besonderen Eichenfässern, die ehemals Sherry, Bourbon Whisky oder Portwein enthielten, reift Old Bushmills unterschiedlich lange. Fotoapparate und Handys durften während der Führung wegen angeblicher Explosionsgefahr nicht benutzt werden. Richtig nette Bilder entstanden aber bei der Whiskeyprüfung der 4 Freiwilligen: Alfred und Jürgen, Anne und Regina, testeten die Whiskeys der Welt und dürfen sich nun als qualifizierte irische Whiskey Verkoster bezeichnen. Auch die Farbe des edlen Destillats war sehr fotogen!
Die meisten ließen es sich wohl nicht nehmen zu Fuß zum Giant's Causeway zu laufen. Er war voller Leute, so dass die schwarzen Basaltfelsen ganz bunt aussahen. Diese außergewöhnliche Landschaft entstand vor ca. 60 Millionen Jahren durch vulkanische Aktivität. Heute, wie auch in früheren Zeiten, konnten die Menschen nicht unbedingt glauben, dass die Natur solche akkuraten Formationen hervorbringen konnte. Einer Legende nach wurde Giant's Causeway - der Damm des Riesen - von dem Riesen Finn MacCool erbaut, damit der nach Schottland gehen konnte, um dort seine Freundin zu besuchen. Einer anderen Legende zufolge war Finn mit Oonagh verheiratet und mit dem schottischen Riesen Benandonner fürchterlich zerstritten. Das Meer trennte die beiden, machte eine Auseinandersetzung von Angesicht zu Angesicht unmöglich. Eine Woche lang arbeitete Finn Tag und Nacht an dem Damm, um seinen Rivalen nach Irland locken zu können. Der kam dann auch mit viel Getöse, aber Finn war vor lauter Erschöpfung fest eingeschlafen. Oonagh hörte Benandonner kommen und verkleidete den kleineren Finn als Baby. Als Benandonner dieses "Kind" sah, bekam er es mit der Angst zu tun. Ein Baby von dieser Größe - wie würde dann erst der Vater aussehen? Auf eine Begegnung mit ihm wollte er es nicht ankommen lassen. Er rannte nach Schottland zurück und zerstörte gleichzeitig den Damm, damit ihm niemand folgen konnte.
Zum Beweis wird angeführt, dass die 6eckigen Basaltblöcke in Fingals Höhle auf der Insel Staffa in Schottland wieder aus dem Meer herausführen. Bereits als kleiner Junge soll Finn den Wishing Chair - den Stuhl der Wünsche - gebaut haben. Wer ihn findet, sich setzt und etwas wünscht, dem geht dieser Wunsch auch heute noch in Erfüllung. Einen Schuh hat einer der Riesen damals übrigens auch verloren - er liegt heute noch in der Bucht! Vermutlich mochte Finn MacCool keinen Schotten leiden, es wird von einem weiteren folgenreichen Streit berichtet. Der schottische Riese konnte schneller laufen als Finn und hätte die Küste bald erreicht. Um das zu verhindern, nahm Finn eine Handvoll Erde und Felsen und warf sie dem Widersacher hinterher. Dabei unterschätzte er seine eigene Kraft, die gigantische Masse aus Fels und Lehm verfehlte ihr Ziel, landete in der irischen See und es entstand die Insel Man. Der Schotte entkam, in Nordirland gab es jedoch ein großes Loch, welches sich mit Wasser füllte und zu Lough Neagh wurde, den größten Binnensee der Britischen Inseln.
Dunluce Castle - der Name bedeutet starke Festung - ist eine imposante Ruine aus normannischer Zeit am Rande der Klippen in der Nähe von Portrush. Aktuell besteht die Gefahr, dass wegen der Verwitterung der Felsen Teile der Ruine ins Meer stürzen werden. Im Spiegelsaal des Hotelrestaurant Magherabuoy in Portrush wurde ein festliches Abendessen gereicht. Anschließend fuhren wir über Colraine und Ballymoney, Broughshane und ganz nah am Slemish vorbei zurück nach Ballyclare. Den Slemish muss man zumindest gesehen, nach Möglichkeit auch bestiegen haben. Am Fuße dieses Berges hütete der irische Apostel St. Patrick als Sklave die Schafe. Fast eine Stunde zu früh kehrten wir zur Kirche zurück.
Donnerstag: 21. August 2003
Wir fuhren gegen 10.40 Uhr nach Downpatrick - kurz vor Mittag erreichten wir das Saint Patrick Centre dort. Mit dem Mittagessen wartete man schon auf uns. Pastor R. erzählte die Geschichte von den nordirischen Jungen, die mit einem klapprigen Auto und dem Kofferraum voller "baked beans" Dosen Europa erkunden wollten und unbeabsichtigt die Militärpolizei auf den Plan riefen, so dass sogar im Pfarrhaus der Ausnahmezustand herrschte. Als Direktor des Saint Patrick Centre stand einer dieser Beiden nun vor uns und erklärte die Aufgaben und Ziele des Zentrums, das die Konfessionen verbinden will (WAZ 2.9.03). Patricks Erbe ist heute überall auf der Insel zu finden, ein rasanter Helikopterflugfilm brachte diejenigen an die wichtigsten Orte seines Wirkens, die das Kino nicht wegen Schwindel und Flugkrankheit vorzeitig verlassen mussten. Jedes Jahr am 17. März feiern 50 Millionen Menschen weltweit den St. Patricks Day. Besonders farbenfroh wird offenbar in der Umgebung von Downpatrick gefeiert. In der Ausstellung wird die modernste Technik eingesetzt, um die Geschichte des irischen Schutzheiligen darzustellen.
Patrick wuchs in der römisch-britischen Welt auf - die keltische Welt stand in einem Kontrast dazu. Patrick wurde nach Irland entführt und überlebte bis zu seiner Flucht als Sklave, der die Schafe am Slemish hütete. Auf der Flucht vertraute er der Hilfe Gottes und wurde vor dem Verhungern gerettet. Zurück in England fühlte er sich berufen das Wort Gottes in Irland zu verkünden. Er stellte sich der Kritik seiner Kollegen - sein Bekenntnis wurde zu einem Text von allergrößter Wichtigkeit und die christliche Botschaft wurde in Irland verbreitet. Auf einem Hügel oberhalb des Zentrums liegt Down Cathedral. Der Ort ist seit dem 5. Jahrhundert von größter Wichtigkeit für die christliche Religion. Der Apostel Irlands wurde hier begraben und man vermutet, dass sein Grab irgendwo unter der heutigen Kirche liegt. Im 19. Jahrhundert wurde ein Stein zum Gedenken an die Grabstätte von St. Patrick auf dem Kirchhof eingelassen. Nur wenige Schritte entfernt befindet sich das Down County Museum im ehemaligen Gefängnis der Grafschaft. Es gilt als das am besten erhaltene irische Gefängnis seiner Art und seiner Zeit (1789-96).
Heute ist es ein Heimatmuseum, das die Geschichte und die Umwelt der Grafschaft Down veranschaulichen soll. Im Zellenblock sahen wir echte Gefängniszellen aus dem 18. Jahrhundert, Verschläge in denen die Menschen ihre Strafe abbüßten, ihrer Hinrichtung entgegen sahen oder auf ihre Verbannung nach Australien warteten. Haftverschonung war unbekannt. Um 1820 teilten sich Ann Morrison, ihr kleiner Sohn Samuel, Elizabeth Dogherty mit ihrem 9 Monate alten Säugling und Mary Doyle aus Drogheda eine Zelle. Anne und Elizabeth waren wegen der Weitergabe gefälschter Banknoten verurteilt worden, Mary hatte drei Paar Strümpfe gestohlen. Säuglinge und kleine Kinder wurden zusammen mit ihren Müttern eingesperrt, während Kinder ab 12 als voll strafmündig galten. Ann und Elizabeth wurden für 14 Jahre nach Australien verbannt, Mary für 7. Ann und Elizabeth heirateten Ex-Sträflinge und blieben dort, das Schicksal von Mary ist unbekannt.
Eine der ersten Kirchengründungen war Saul Church. Saul ist der irische Name für Scheune. Der Ort liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums. Leider war die Kirche für Besucher geschlossen. Im Vergleich zum County Antrim erschien County Down viel grüner, weniger moorig. Möglicherweise entstand hier die Bezeichnung Emerald-Island (Smaragd) oder grüne Insel. Wir kamen etwas zu früh in Comber an. In der 2nd Comber Presbytherian Church wirkte Robert von 1979 bis 1982 als Pfarrassistent. Wir verbrachten die Wartezeit in der Kirche. Sie war wie alle presbyterianischen Kirchen schlicht möbliert, der ganze Stolz der Gemeinde ist aber die aufwändige Computertechnik mit den zwei großen Plasmabildschirmen. Mir gefielen einige der bunten Fenster sehr gut. In der Church Hall wurde das Abendessen aufgetragen, den krönenden Abschluss bildete Pavlova, eine Süßspeise benannt nach der berühmten russischen Ballettänzerin.
Auf dem Rückweg stoppten wir am Stormont, dem Sitz des nordirischen Parlaments, sofern es eines gibt, oder der sogenannten Assembly, sofern die nicht gerade aufgelöst ist. Zurzeit hat das Parlament in London wieder die Regierungsgeschäfte übernommen, weil unüberbrückbare Konflikte die Arbeit in der Assembly unmöglich machten. An der Newtownards Road fielen uns zahlreiche Murals auf. Sie sind wegen ihrer farbenfrohen Gestaltung ein echter Hingucker. De facto sind es gewaltverherrlichende Darstellungen, die verboten und vernichtet werden müssten.
Freitag: 22. August 2003
Südlich von Belfast und Lisburn liegt Hillsborough Castle. Das Herrenhaus ist heute im Besitz der Regierung und dient der königlichen Familie, sofern sie in Nordirland weilt, und dem Secretary of State als Wohnsitz. Moses Hill siedelte sich im 16. Jahrhundert hier an, 1642 bekam der Ort den Status eines Borough. So entstand der Name Hillsborough sowohl für den Ort, wie auch für das Herrenhaus. Gewöhnlich kann das Haus im Mai und Juni besichtigt werden, für unseren Besuch ließ jemand kräftig seine Beziehungen spielen. Trotz verspäteter Abfahrt schafften wir es pünktlich dort zu sein. Unser Guide war einfach toll - er sprach akzentfreies "Queens"-English und nahm durch geschickte Wortwahl und Betonung die hohen Herrschaften manchmal gehörig auf die Schippe.
Das Haus war 1934 durch ein Feuer beschädigt worden. Im Jahre 1989 ließ Margaret Thatcher Downing Street gründlich modernisieren. Historische Möbel wurden gespendet, erbettelt oder sind Leihgaben. Nichts jedoch sei gestohlen, betonte unser Guide. Seit 1990 sei die Einrichtung so, wie wir sie sehen würden. Da ergibt sich doch die Frage, wie die königlichen Herrschaften vorher untergebracht waren? Im Treppenhaus erfuhren wir, wer schon in den oberen Gemächern genächtigt hatte. Abgesehen von Mitgliedern der königlichen Familie waren u.a. Hillary Clinton, George W. Bush und der Dalai Lama dort. Die Signatur des japanischen Kronprinzen entdeckte ich im Gästebuch. Der Teppich im Drawing Room sei genau so strapazierfähig, wie der im internationalen Flughafen Aldergrove, und das müsse er auch sein, denn durch die vielen Gartenpartys müsse er doch einiges aushalten. Margret Thatcher unterschrieb hier das sehr umstrittene Anglo-Irish Agreement. Wenn die Queen hier ihren Tee einnehme, habe sie ein Bild von Schloss Windsor im Blick, für den Fall, dass sie Heimweh bekäme.
Die Besucher dürften auf keinen Fall in den Büchern blättern, denn sie hätten die unangenehme Angewohnheit vorher an den Fingern zu lecken, und das sei doch äußerst unhygienisch! Es gäbe Spiegel im Ballsaal, damit die Männer die Gesichter der Damen sehen können, nachdem sie ihnen beim Tanz auf die Füße getreten hätten. Die Führung endete auch in diesem Stil - da konnte unser Guide die Information, dass George W. Bush und Tony Blair hier den Irakkrieg beschlossen, wohl nicht mehr angemessen anbringen. Die Schlossgärten wären auch sehr sehenswert gewesen, für den großen Rundgang hätten wir aber 2 Stunden Zeit gebraucht. Vera gönnte uns 5 Minuten, plus 10 Minuten stillschweigend beschlossener Verlängerung, so konnten wir einmal ums Haus gehen. Der Granville Garden wurde in den 1940er und 1950er Jahren angelegt, der große Rhododendron sei im Guinness Buch der Rekorde erwähnt. Durch eine Eibenallee blickten wir auf den kleinen Lady Alice Tempel aus dem Jahre 1880. Vor der Südfassade inmitten von Rosenbeeten sahen wir eine schöne Sonnenuhr.
Auf der Fahrt nach Newcastle erlebten wir das ganz normale Abenteuer. Mark fuhr ganz langsam und mit großem Sicherheitsabstand hinter einem Trecker her, der mit einem platten Reifen Strohballen transportierte, die in abenteuerlicher Weise gesichert waren. Mit jedem Schlagloch rutschten die Ballen weiter nach links, dennoch bog der Traktor ohne Schwierigkeiten nach 6 Meilen rechts ab. Bleibt die Frage, ob er die Ladung wirklich vollständig zum Ziel bringen konnte... Von Newcastle ging es über die Küstenstraße bis zum Annalong Forest. Auf dem Picknickplatz stärkten die Wanderer sich für die zweistündige Tour, diejenigen die nicht wandern wollten, fuhren weiter zum Silent Valley. Robert führte uns in die Mournes. Ein Wanderweg war es jedoch nur für etwa ein Drittel der Strecke, der Rest des Weges führte durch ein trockenes Bachbett.
Wir wanderten durch ein Wasserschutzgebiet, in dem nur relativ wenige Schafe leben. Nutztiere werden durch den Mourne Wall ferngehalten. Diese Mauer aus Granitblöcken wurde 1910-1922 erbaut, ist 22 Meilen lang und umgibt ca. 9000 Morgen Land. Die Erbauer der Mauer erhielten etwa 6 pence Lohn täglich. Nur die Arbeit wurde entlohnt, nicht aber die immer länger werdenden Wege zum Arbeitsplatz und zurück. Granit wird in den Mournes abgebaut, 80 Jahre lang ganz in der Nähe. Man kann die Schleifspuren der Transportschlitten teilweise noch erkennen. Die Steine wurden als Kopfsteinpflaster in den Straßen von Liverpool verbaut. Uns interessierten mehr die landschaftlichen Schönheiten: Stechginster, Heide, blutrote Fuchsien und sogar Sonnentau waren zu finden. Durch das sehr wechselhafte Wetter waren manche Gipfel in Wolken gehüllt, einige wenige Sonnenstrahlen sorgten für eine spannende Beleuchtung. Unser Abendessen hatten wir schon ein oder zwei Tage zuvor ausgewählt. Es wurde im Millbrook Lodge Hotel in Ballynainch serviert. Anschließend spazierten wir noch eine Stunde in der warmen Sonne.
Samstag 23. August 2003
Dieser Samstag stand als freier Tag mit Gastgebern im Programm. David gab mir Fahrunterricht: wir fuhren über Landstraßen nach und durch Belfast. In einem ziemlich verstaubten Buchladen traf ich später James, Mary und meinen Vater. Wir suchten nach Büchern in mindestens 4 weiteren Buchläden und in ebenso vielen Kaufhäusern nach Mitbringseln. Durch die Schwüle wurde es unangenehm warm und Shopping machte so recht keinen Spaß mehr. An der Newtownards Road fotografierten wir noch die Murals, die wir Donnerstag sahen.
Zum Barndance trafen wir uns mit unseren Gastgebern in der Allen Hall. Ich kannte diese Art der Bauerntänze nur aus dem Fernsehen - im australischen Outback scheinen sie auch sehr beliebt zu sein. Charakteristisch ist wohl die Ansage der einzelnen Schritte, so konnte jeder gleich mitmachen. Welcher Tanz machte wohl am meisten Spaß - der mit den Hüten oder der mit den Stühlen? Sogar der Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen noch einmal vorbeizuschauen und ein Geschenk zu bringen. Zu später Stunde hieß es "Danke sagen". Wir überreichten unseren Gasteltern eine rote Rose und ein Bronzekreuz. Es war einzigartig, unvergesslich, großartig - einfach toll, was wir in Nordirland erleben durften. Wir wollen die Verbindung nach Nordirland und die persönlichen Freundschaften weiter pflegen.
Sonntag: 24. August 2003
Morgens war zunächst Koffer packen angesagt, leider. An der Gottesdienstgestaltung beteiligten wir uns mit Gesang, Musik und Textbeiträgen. Es wurden nochmals Geschenke ausgetauscht, Pastor R. hielt anschließend die Predigt, die mit dem Lied "Hand in Hand" endete. Es folgte die feierliche Übergabe des garantiert seit 50 Jahren ungewaschenen Taschentuchs, welches die Freunde aus Ballyclare hoffentlich bald nach Dorsten zurückbringen werden.
Den Rest des Tages verbrachten Gastgeber mit ihren Gästen; wir waren gleich vierfach eingeladen! Rosemary, vor 36 Jahren bei uns in Dorsten zu Gast, wollte uns gerne wiedersehen. Sie hatte die alten Fotos hervorgekramt und wir schwelgten in Nostalgie. Auch Denise war damals bei uns - bei ihr und Gerald schauten wir auch noch kurz vorbei. Gemeinsam mit Ray, Vera, Wolf und Anne fuhren James, Mary, mein Vater und ich zu Ken - Stadtrat und Vielreisender - und seiner Familie. Der Mann hat mehr deutsche Städte und Landschaften gesehen als unsereins! Mit Mabel A. trafen wir uns in der Presbyterianischen Kirche von Cairncastle. Dort besichtigten wir das von ihr und ihrer Tochter zur Erinnerung an ihren Mann gestiftete Fenster und besuchten sie anschließend in ihrem Haus. Von ihrem Wohnzimmer aus hat sie einen herrlichen Blick auf die irische See und die Fähren, die nach Schottland hinüber fahren.
Montag 25. August 2003
Ziemlich brutal ging der Wecker um 4.00 Uhr los! Es nutzte nichts - wir sollten um 5.15 Uhr an der Kirche sein. Es war noch dunkel und der Pressefotograf wusste gar nicht so recht, was er dort sollte - er machte schließlich ein paar Gruppenbilder. Um 6.15 Uhr erreichten wir den Hafen in Larne, 5 Minuten später ging übrigens die Sonne auf. Nach einer Stunde fuhren wir an Bord der European Highlander. An Deck angekommen trauten wir unseren Augen kaum: Vera, Ray, Mary und James standen immer noch dort und sie blieben und winkten, bis wir außer Sichtweite waren.
Um 9.40 Uhr verließen wir Cairnryan Richtung Gretna Green. Was macht diesen Ort zum Magneten für so viele Touristen? Es war schwer, sich diese Frage vor Ort zu beantworten: 1753 wurde in England ein Gesetz erlassen, wonach Paare ohne Zustimmung der Eltern nur heiraten konnten, wenn sie über 21 Jahre alt waren. Für Schottland galt diese Regelung nicht - gilt sie übrigens bis heute nicht. Hier ist es möglich bereits mit 16 ohne Zustimmung der Eltern zu heiraten. Viele sehr junge Paare sind aus England "geflohen", um in Schottland heiraten zu können und Gretna Green war das erste erreichbare schottische Dorf überhaupt. Der Amboss des Schmiedes wurde zum Symbol für die sog. "Runaway Weddings". So wie Metall im heißen Feuer verschmolz, so wurden Paare in der Ehe miteinander verbunden - in the heat of the moment - in der Hitze des Augenblicks.
Über die Autobahn fuhren wir zunächst nach Süden, dann durch Yorkshire bis Scotch Corner und von dort bis nach York. Für einen Ausflug in die Stadt war wirklich keine Zeit mehr, also pausierten wir auf einem Parkplatz. Dehnübungen waren nach der langen Fahrt angesagt. Helgard kannte welche und viele machten mit. Wen kümmert es was die vorbeifahrenden Autofahrer wohl gedacht haben mögen. Ziemlich pünktlich um 17.10 Uhr erreichten wir den Hafen von Kingston upon Hull und konnten gleich an Bord der "Pride of Rotterdam" gehen. Das Abendessen nahmen wir dieses Mal im Four Seasons Buffet Restaurant ein. Als wir die Uhren wieder umgestellt hatten, war es schon ziemlich spät, wir gingen früh und doch nicht so früh schlafen, dieser Tag war lang genug gewesen.
Dienstag: 26. August 2003
Um 6.30 Uhr wurden wir per Lautsprecher zum Frühstück gebeten. Unsere Gruppe traf nach und nach in der Skylounge ein. Christa fühlte sich gar nicht gut, es ging ihr im Laufe des Tages immer schlechter und sie landete schließlich mit Gürtelrose im Bett. 8.30 Uhr verließen wir den Rotterdamer Hafen. Unterwegs beschlossen wir, dass unser Nachtreffen am 5. November stattfinden soll. Hoffentlich reicht ein Abend aus, die vielen Fotos anzusehen (P.S. Ein Abend reichte natürlich nicht, so hat sich die Reisegruppe bereits noch einmal Mal getroffen, ein weiteres Treffen ist nicht auszuschliessen.).
Der Freundeskreis Newtownabbey-Dorsten braucht aktive Mitglieder, die die begonnenen Freundschaften weiter pflegen werden. Wir dankten Pastor R. und seiner Frau für die viele Arbeit. Wir dankten Christa für den Stewardessenservice mit den zahlreichen akrobatischen Einlagen, von denen etliche Kaffeeflecke zeugen! Es war ziemlich überflüssig, dass die Radarfalle in Schermbeck mit einer Kamera bestückt war, wo Mark uns doch 12 Tage lang so hervorragend überall hinkutschiert hatte. Um 11.50 Uhr trafen wir an der Martin Luther Kirche in Holsterhausen ein.
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