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Zeche Baldur - Nachtrag und Korrektur

Die Geschichtsstation für die Zeche Baldur war überfällig. Um so bedauerlicher, dass sie mit einer Reihe von sachlichen Fehlern und Ungenauigkeiten behaftet ist, die sich bei sorgfältiger und vor allem umfassender Recherche sicher hätten vermeiden lassen. Nachfolgend sollen die fragwürdigen Sachverhalte nun diskutiert und richtiggestellt werden. Vorangestellt wird jeweils der entsprechende Tafeltext, gefolgt von den erforderlichen Erklärungen. Die benutzten Quellen werden für den interessierten Surfer in eckigen Klammern beigefügt (einfach die Maus auf der jeweiligen Zahl stehen lassen.), die Bilder zum Vergrößern bitte anklicken.



Nun, der erste Spatenstich für die Baldurschächte erfolgte bereits 1899. [1] Wegen starken Fließsandes mußte das Niederbringen der Schächte bei Teufen von 11 m und 22 m abgebrochen werden. Am 1. Februar 1906 wurde dann mit dem Abteufen der neuen Baldurschächte begonnen. Im zweiten Anlauf wurden die unangenehmen Fließsande mit Hilfe des Gefrierverfahrens, wenn auch mit Schwierigkeiten, überbrückt. Die Fließsande reichen im Bereich der Baldur-Schächte bis etwa 150 m. Das Einstellen des Teufens von Baldur 2 mit Fließsanden in Verbindung zu bringen ist fachlicher Unsinn. Aus der folgenden Abbildung ist ersichtlich, dass Baldur 2 bei ca. 530 m die ersten Kohleflöze erreicht hatte, was zum Auffahren der erste Sohle absolut ausreichend war. Aus diesem Grunde wurde Baldur 2 vorerst auch nicht tiefer geteuft. In einer bei 600 m im Schacht 2 angesetzten Sohle wird eine Verbindungsstrecke nach Schacht 1 aufgefahren. Zugleich wird eine Pumpenkammer erstellt.[2]

Geologisches Profil

Titel

Was auf dem Bild der Geschichtstafel besonders auffällig ist, sind natürlich die Abteufgerüste und nicht die Gefrieranlagen! Man kann die Anlagen zur Umsetzung des Gefrierverfahrens mit einiger Mühe am rechten Bildrand erkennen. Die folgenden Bilder sorgen für etwas mehr Klarheit bezüglich Abteufgerüst, Fördergerüst und Gefrieranlagen.

Förder- und Abteufgerüst Zeche Fürst Leopold Abteufgerüste Zeche Baldur Abteufgerüste und Gefrieranlagen


Die reine verwertbare Kohleförderung in 1911 betrug 4468,8 t [3], die auf der Tafel angegebene Zahl von 4993 t ist die Gesamtförderungmenge einschließlich des tauben Gesteins. Die in 1911 und bis April 1912 geförderte Kohle wurde durch das Auffahren verschiedener Strecken gewonnen, um die Steinkohlenflöze für den geplanten Abbau optimal aufzuschließen. Die offizielle regelmäßige Förderung begann erst im April 1912. [4]

Die ersten Häuser der Zechensiedlung "Alte Kolonie" (später auch Ostpreussenkolonie genannt) entstehen bereits 1910 und nicht 1913. Schon im ersten Jahr des Baus der Zechenhäuser wurden 26 Häuser mit 41 Wohnungen fertiggestellt und bezogen. Bis 1913 wurden insgesamt 168 Häuser mit 272 Wohnungen gebaut. Die neue Kolonie, auch Sachsenkolonie, wurde gleich im Anschluß an die alte Kolonie gebaut. Die bei Ahmann [5] aufgeführten Mehrfamilienhäuser standen in der Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Freiheitsstraße) und mußten später gewinnträchtigeren Neubauten weichen. [6]

Bauentwicklung 1910-1920
Bauentwicklung
1910-1920
Zeche Baldur I und II
Parallelstraße
Nr. ##
Friedensstraße, Friedensplatz
Friedensstraße
Friedensplatz
Freiheitstraße
Freiheitstraße
um 1950
Freiheitstraße
Freiheitsstraße
2003


Die Zusammenlegung der Gewinnungsfelder geht aus den nachfolgenden Bilder eindeutig hervor. Zusammengelegt werden lediglich Trier I, IV und V. Trier II hat noch 1993 Bestand, von Trier III ist nirgendwo die Rede! [7],[8]

Gewinnungsfelder Zeche Baldur    Gewinnungsfelder Zeche Baldur

Gewinnungsfelder Zeche Baldur
Die Gewinnfelder vor und nach der Zusammenlegung


Die Förderung auf Baldur muß 1930 wegen Absatzschwierigkeiten zwar drastisch reduziert werden und viele Bergleute verlieren in diesem Jahr auch ihre Arbeit. Die offizielle Stillegung der Zeche Baldur erfolgt dennoch erst am 1. April 1931. [9]



Diese Aussage ist so nicht richtig. In 1954 wird mit der Verfüllung begonnen. Es findet allerdings zunächst nur eine Teilverfüllung statt. Und zwar werden lediglich Waschberge bis 34 m unter der ersten Sohle verkippt. Die Füllsäule beträgt 1954 lediglich 143 m). Erst rund 20 Jahre später findet die eigentliche und endgültige Verfüllung des Schachtes bis Rasenhängebank statt. [10]

Darstellung der Schächte


Titel

Auf der Zeche Baldur hat es nie eine Ziegelei gegeben, sondern eine Kalksandsteinfabrik. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Über die Unterschiede bei den Rohstoffen und den Produktionsverfahren kann man sich in der einschlägigen Literatur informieren. [11]
Wer aufmerksam durch Holsterhausen geht, findet heute noch eine ganze Reihe von Objekten, die mit den typischen weißen Kalksandsteinen errichtet wurden, wenngleich viele Häuser inzwischen verklinkert sind. Die Steinpressen, wie auch die anderen zur Produktion der Kalksteine erforderlichen Maschinen, wurden übrigens von der 1873 gegründeten und in Hervest-Dorsten ansässigen Dorstener Eisengiesserei und Maschinenfabrik geliefert.
Nebenbei bemerkt, eine Ziegelei (ausgestattet mit einem Ringofen) hat es auf der Zeche Fürst Leopold gegeben.

Kalksandsteinfabrik Zeche Baldur Viktoriastraße 5 Elisabethstraße 3


Sicher war Baldur I der tiefste Schacht der Zeche Fürst Leopold/Wulfen, allerdings eben nur mit 1318,4 m unter NN und nicht mit 1328,4 m, wie es uns die Tafel der Geschichtsstation "Zeche Baldur" lehren will. [12]

Darstellung der Schächte

Wo liegen nun die Ursachen für die Häufung von Ungenaugkeiten und Fehlern auf der Tafel dieser Geschichtsstation? Genau wissen das wahrscheinlich nur diejenigen, die für die Inhalte der Tafel verantwortlich zeichnen. Der Inhalt der Texte läßt vermuten, dass Bergfremde am Werk waren, sicherlich auch Leute, die mit Holsterhausen nicht eng genug verwachsen sind.

In einer Zeitungsnotiz [9] kann man lesen, das die Tafelinhalte wenigstens 6-mal überarbeitet wurden und das Stadtarchiv Dorsten sehr intensiv durchsucht wurde. Wir stellen in diesem Zusammenhang fest: zur Zeit des Abteufens der Schächte Baldur 1 und 2 und noch viele Jahre danach gehörte Holsterhausen zur Herrlichkeit Lembeck, hatte seine Heimat also im Westfälischen, während Dorsten beim Vest Recklinghausen zu Hause war. Es ist mehr als naheliegend, dass über die Ereignisse in Holsterhausen in der Zeit 1900-1930 im Stadtarchiv Dorsten wenig zu finden ist, sehr viel weniger vielleicht als im Archiv des Heimatbundes der Herrlichkeit Lembeck und Stadt Dorsten. Zudem entsteht immer mal wieder der Eindruck (und das bei einem vorurteilsfreien Zugereisten), dass die natürliche Grenze von Lippe und Kanal, zwischen Herrlichkeit und Vest, bis in die heutige Zeit in den Köpfen der Menschen in dieser Region bestehen geblieben ist. Da hat wohl auch die 1975 vollzogene Zwangsvereinigung eher geschadet, denn geholfen. Aber, das ist ein anderes Thema.

Sei es wie sei, die Möglichkeiten einer umfassenden Recherche wurden im vorliegenden Falle ganz offensichtlich nicht genutzt. Viele Unterlagen hat der Webmaster ohne große Mühe z.B. im Archiv des Heimatbundes der Herrlichkeit Lembeck und Stadt Dorsten gefunden. Das Archiv ist nicht nur Mitgliedern des Heimatbundes zugänglich. Wichtige Informationen konnten dem Webmaster auch die Mitglieder des Ökumenischen Geschichtskreises Holsterhausen an der Lippe mitteilen. Unmittelbar vor Ort bekommt man immer noch die besten Informationen (aber nur dann, wenn man nicht glaubt, es selbst immer besser als Andere zu wissen).


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